Bundesweiter Warntag: So lief der Test in Bernau und Barnim
Punkt 11 Uhr wurde es laut: Sirenen heulten, Handys piepten, Anzeigetafeln blinkten. Auch in Bernau und im gesamten Barnim lief der bundesweite Probealarm. Selbst im Bundestag gab es eine kurze Zwangspause: Als der Alarm auslöste, unterbrach AfD-Abgeordneter Christopher Drößler seine Rede kurz und sprach danach weiter. Genau das ist der Sinn des Tages: sehen, was im Ernstfall zuverlässig unterbricht, erreicht und informiert.
Seit 2020 probt Deutschland regelmäßig die Warninfrastruktur in einem abgestimmten Verfahren über alle Ebenen hinweg – Bund, Länder, Kommunen. Der Warntag ist mehr als ein technischer Check. Er soll Schwachstellen sichtbar machen, Abläufe einspielen und die Bevölkerung daran erinnern, wie Warnungen klingen, aussehen und was danach zu tun ist. Landrat Daniel Kurth stellte klar: Frühzeitige, verlässliche Warnungen sind ein Kernstück von Zivil- und Katastrophenschutz. Angesichts häufiger Unwetter, Großbränden oder auch geopolitischer Spannungen zählt jede Minute.
Aktiv waren viele Kanäle gleichzeitig: Sirenen mit dem einminütigen auf- und abschwellenden Heulton, Cell-Broadcast-Nachrichten auf mobilen Geräten, die Warn-Apps NINA und Katwarn, Durchsagen per Lautsprecherfahrzeug, Einblendungen im Radio und Fernsehen sowie Meldungen auf digitalen Stadt- und Werbetafeln. In vielen Kommunen ergänzten Feuerwachen den Test mit eigenen Sirenenläufen.
Für Barnim und Bernau bedeutete das: ein breites Warnbild, das möglichst viele Menschen auf unterschiedlichen Wegen erreicht. Gerade diese redundante Struktur ist gewollt. Fällt ein Kanal aus – etwa wegen Funklöchern oder Stromproblemen –, springt ein anderer ein. Der Warntag zeigt, wie diese Schichten zusammenarbeiten und ob die Kette hält.
Ab 11 Uhr startete das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine Online-Befragung. Wer teilnahm, brauchte rund 10 bis 12 Minuten. Bis zum 18. September 2025 konnten Bürgerinnen und Bürger melden, wie schnell die Warnung ankam, über welche Kanäle sie erreicht wurden, wie verständlich die Inhalte waren und ob technische Probleme auftraten. Solche Rückmeldungen fließen in die Auswertung ein – etwa um Sirenenstandorte zu prüfen, Cell-Broadcast-Einstellungen zu justieren oder Abläufe in Einsatzleitstellen nachzuschärfen.
Warum der Aufwand? Die jüngste Geschichte zeigt, dass Warnen besser werden musste. 2020 gab es Verzögerungen bei App-Pushs, 2021 legte die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gnadenlos offen, wie wichtig robuste Mehrkanal-Warnungen sind. Seit Ende 2022 ist Cell Broadcast in Deutschland aktiv – eine Technik, die ohne App und ohne Telefonnummer alle erreichbaren Geräte in einer Funkzelle gleichzeitig anspricht. Seither wurde jedes Jahr nachgelegt, getestet, verbessert.
Cell Broadcast ist für viele der Gamechanger – und doch erreichen die Nachrichten nicht jedes Handy. Typische Gründe:
- Das Gerät ist zu alt oder unterstützt keine 4G-/5G-Netze.
- Die Systemsoftware ist veraltet; Updates fehlen.
- Die Notfallwarnungen sind in den Einstellungen deaktiviert (manche Geräte haben getrennte Schalter für extreme und schwere Warnungen).
- Das Handy war im Flugmodus, ohne Netz oder in einem Bereich mit stark abgeschirmtem Empfang (zum Beispiel in Tiefgaragen).
- Dual-SIM-Setups oder Roaming können je nach Konfiguration den Empfang beeinflussen.
Wer sicher gehen will, prüft die Einstellungen: Notfall- und Katastrophenwarnungen aktivieren, Gerät aktuell halten, bei Android und iOS auf die jeweiligen Warnkanäle achten. Cell Broadcast braucht keine App und keine Registrierung.
Parallel bleiben Sirenen ein wichtiger Baustein. Der auf- und abschwellende Warnton über eine Minute bedeutet Warnung der Bevölkerung: Schutz suchen und Informationen einholen. Die Entwarnung ist ein einminütiger, gleichbleibender Dauerton. Wichtig ist die Unterscheidung zu Feueralarmsirenen der freiwilligen Feuerwehren, die anders takten und nicht der Bevölkerungswarnung dienen. Bund und Länder bauen das Sirenennetz vielerorts wieder aus – nach Jahrzehnten, in denen mancherorts abgebaut wurde.
Was tun, wenn die Warnung kommt? Der Warntag wiederholt die Grundregeln, die in vielen Lagen gelten – bei Großbränden, Chemieunfällen, Unwettern oder anderen Gefahren:
- Ruhe bewahren und die Warnmeldung vollständig lesen oder anhören.
- Fenster und Türen schließen, Lüftung und Klimaanlagen ausschalten, wenn Rauch oder Schadstoffe möglich sind.
- Offizielle Informationsquellen nutzen: lokale Radiosender einschalten, amtliche Warn-Apps öffnen, Durchsagen beachten.
- Kinder, ältere Menschen und Personen mit Unterstützungsbedarf einbeziehen, Nachbarn informieren.
- Telefonnetze nicht blockieren – nur im Notfall 112 anrufen.
- Keine Gerüchte verbreiten; Inhalte und Quellen prüfen, bevor man sie teilt.
Zum Warntag gehört auch das richtige Einordnen der Nachricht. Testmeldungen sind als Probealarm klar gekennzeichnet. Im Ernstfall liefern Warnungen eine kurze Lagebeschreibung und konkrete Handlungsanweisungen, oft mit regionaler Eingrenzung. Wer mehrere Kanäle empfängt, sollte auf Konsistenz achten – die Botschaft ist in der Regel deckungsgleich.
Radio und Fernsehen können Warnungen automatisch einblenden, teils mit akustischem Signal. Digitale Stadt- und Fahrgastanzeigen zeigen Kurztexte, die die Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum erhöhen. Lautsprecherwagen sind vor allem in Bereichen nützlich, in denen die Netzabdeckung schwach ist oder viele Menschen ohne Smartphones unterwegs sind.
Dass der Alarm mitten in einer Bundestagssitzung ertönte, ist ein Nebeneffekt und gleichzeitig gewollt: Warnsysteme sollen wichtige Aktivitäten unterbrechen können. Im Alltag heißt das auch, dass bei stumm geschalteten Geräten bestimmte Notfallmeldungen die Stummschaltung überschreiben dürfen – abhängig von Geräteeinstellungen und Systemversion. Wer nichts hörte, sollte die Einstellungen prüfen und testen, ob kritische Warnkanäle zugelassen sind.
Ein Punkt, der im Barnim immer wieder thematisiert wird, ist die Abdeckung in ländlichen Gebieten. Gebäude in Massivbauweise, Täler und Waldlagen dämpfen Signale. Sirenen lassen sich draußen gut hören, drinnen aber oft nur gedämpft. Hier hilft es, mehrere Kanäle zu kombinieren: Handy plus Radio, Warn-App plus Sirene. Genau das übt der Warntag ein – Redundanz statt Abhängigkeit von einem einzigen Kanal.
Für Haushalte lohnt sich ein kleiner Notfall-Check. Kein großer Aufwand, aber hilfreich, falls es ernst wird:
- Liste mit Kontakten und Treffpunkten für den Fall, dass Handynetze überlastet sind.
- Geladene Powerbank und Ladekabel griffbereit.
- Akku- oder Kurbelradio, um bei Stromausfall informiert zu bleiben.
- Wichtige Medikamente, Kopien zentraler Dokumente an einem festen Ort.
- Eine Taschenlampe pro Haushalt, möglichst mit Ersatzbatterien.
Auf kommunaler Ebene geht es nach dem Warntag an die Auswertung. Leitstellen prüfen Protokolle: Wann wurde die Warnung ausgelöst, wie lange dauerte die Verteilung, welche Kanäle liefen zuverlässig, wo gab es Verzögerungen? Kommunen sehen sich Meldungen aus der Bevölkerung an – etwa ob Sirenen zu leise waren oder ob Cell Broadcast in bestimmten Straßenzügen nicht ankam. Daraus lassen sich Maßnahmen ableiten, von technischer Nachrüstung bis zu mehr Aufklärung.
NINA und Katwarn bleiben für viele der tägliche Begleiter. NINA ist die zentrale App des Bundes, in die Meldungen der Länder, Kreise und Gemeinden einfließen. Katwarn deckt je nach Region zusätzliche Inhalte ab, etwa kommunale Hinweise. Wer beide Apps installiert, erhöht die Chance, früh Bescheid zu wissen. Gleichzeitig ersetzt das nicht den Cell-Broadcast-Empfang, der ohne App funktioniert und insbesondere bei akuter Gefahr schnell und flächig warnt.
Zur Einordnung gehört auch, dass nicht jede Warnlage gleich ist. Bei Unwettern sind Vorlaufzeiten möglich, bei chemischen Ereignissen zählt jede Sekunde, bei Großbränden kann Rauch kilometerweit ziehen. Warnungen werden deshalb unterschiedlich formuliert: mal vorsorglich, mal akut. Der Warntag hilft, die Sprache dieser Meldungen kennenzulernen und im Zweifel sofort das Richtige zu tun.
Wer beim Probealarm keine Nachricht bekommen hat, sollte nicht einfach abwinken. Oft reichen ein Softwareupdate, das Aktivieren der Notfallkanäle oder ein Netzwechsel aus. Und: In vielen Fällen geben die Geräte eine Testmeldung erst dann aus, wenn Display und Töne nicht blockiert sind. Ein kurzer Blick in die Einstellungen schafft Klarheit.
Eines wurde am 11. September deutlich: Warnen ist Teamarbeit. Behörden lösen aus und koordinieren. Technik verteilt. Menschen handeln. Und genau deshalb ist ein Testtag sinnvoll – er zeigt, wie alle Zahnräder ineinandergreifen, wo es hakt und was jeder selbst beitragen kann.