Ein Porträt der Wiener Bürgerin Elisabeth Lederer, gemalt von Gustav Klimt, hat die Kunstwelt in Atem gehalten: Am Dienstagabend, dem 19. November 2024, wurde das Werk die Herbstauktion von Sotheby's New York City für exakt 236,4 Millionen US-Dollar versteigert – ein neuer Weltrekord für ein Klimt-Bild und der zweithöchste Preis, den je ein Kunstwerk bei einer öffentlichen Versteigerung erzielt hat. Der Zuschlag fiel nach einem 20-minütigen Bieterkampf, den der erfahrene Auktionator Oliver Barker leitete. Der Käufer bleibt anonym – ein übliches, aber dennoch faszinierendes Detail in der Welt der Superreichen.
Ein Gemälde, das Geschichte schrieb
Das Porträt Portrait of Elisabeth Lederer, entstanden zwischen 1914 und 1916, zeigt die Tochter eines Wiener Industriellen-Ehepaares, das Klimt jahrelang finanziell unterstützte. Mit seinen 180,4 cm × 130,5 cm ist es kein riesiges Werk – aber seine Bedeutung ist enorm. Es zählt zu den letzten großen Porträts, die Klimt vor seinem Tod 1918 malte, und verbindet den opulenten Jugendstil mit einer intimen, fast mystischen Darstellung der Frau. Die Farbpalette, das Goldgewebe, die fein ausgearbeiteten Muster – alles ist typisch Klimt, doch hier in einer fast sakralen Intensität. Sotheby's, das 1744 gegründete Auktionshaus mit Hauptsitz in New York, nennt es den teuersten Verkauf in seiner Geschichte. Der vorherige Rekord für ein Klimt-Bild lag bei 108,8 Millionen Dollar – erreicht 2023 in London. Dieser Preis hat sich mehr als verdoppelt. In einem Atemzug wurde auch klar: Die Nachfrage nach Meisterwerken der Moderne ist nicht nur lebendig – sie explodiert.Die Sammlung Lauder und der Auktionsmarathon
Das Gemälde stammte aus der Sammlung des im Juni 2024 verstorbenen US-Milliardärs Leonard Lauder, ehemaliger Chef von Estée Lauder und einer der bedeutendsten Sammler moderner Kunst in den USA. Seine Sammlung war kein bloßer Besitz – sie war ein Lebenswerk. In der gesamten Herbstauktionsserie von Sotheby's wurden 527,5 Millionen Dollar aus Lauders Besitz erlöst. Der gesamte Auktionsabend, an dem das Klimt-Bild den Höhepunkt bildete, brachte insgesamt 706 Millionen Dollar ein – ein neuer Rekord für einen einzelnen Abend bei Sotheby's. Und das, obwohl die Auktion auch andere, ungewöhnliche Objekte umfasste: etwa die goldene Toilette America von Maurizio Cattelan, die 12,1 Millionen Dollar einbrachte. Ein scharfer Kontrast: ein Werk, das die Absurdität des Reichtums kommentiert, versteigert neben einem Porträt, das den Reichtum selbst verherrlicht.
Das neue Zuhause der Kunst
Die Versteigerung fand im neuen Hauptquartier von Sotheby's statt – dem ehemaligen Whitney Museum an der Upper East Side von Manhattan. Das brutalistische Gebäude, 1966 von Marcel Breuer entworfen, war jahrzehntelang ein Tempel der amerikanischen Moderne, bevor es 2015 geschlossen wurde. Seit September 2024 gehört es nun Sotheby's. Es ist kein Zufall, dass das teuerste Kunstwerk der Geschichte hier versteigert wurde: Die Location selbst ist ein Statement. Die Kunstwelt zieht nicht mehr nur in die Galerien – sie zieht in die Auktionshäuser, und diese werden zu Architekturdenkmälern der Macht.Was bedeutet das für die Kunstwelt?
Die Summe von 236,4 Millionen Dollar ist so groß, dass sie fast unvorstellbar wirkt. Um es zu veranschaulichen: Das entspricht fast dem jährlichen Budget einer mittelgroßen deutschen Stadt für Kultur. Doch hinter der Zahl steckt mehr als nur Geld. Es ist ein Zeichen dafür, dass die globale Elite ihre kulturellen Werte neu definiert. Wer heute ein Meisterwerk der Moderne besitzt, besitzt nicht nur ein Bild – er besitzt einen Teil der Geschichte, eine Art Immobilie der Zukunft. Experten sprechen von einer „Verwertungsmentalität“: Kunst wird nicht mehr nur genossen, sie wird als Vermögenssicherung gehandelt. In Asien, besonders in China und Japan, aber auch in den Golfstaaten, gibt es eine wachsende Gruppe von Sammlern, die bereit sind, Billionen in Kunst zu investieren. Der Klimt-Verkauf ist kein Einzelfall – er ist ein Trend.
Was kommt als Nächstes?
Die Herbstauktionen in New York laufen noch bis Freitag, den 22. November 2024. Christie’s und Phillips haben ebenfalls spektakuläre Werke im Programm – darunter ein frühes Picasso und ein seltener Rothko. Doch der Klimt wird schwer zu übertreffen sein. Die Frage ist nicht mehr, ob ein anderes Werk diesen Preis erreichen wird – sondern wann. Einige Experten vermuten, dass ein Monet oder ein Van Gogh bald in die gleiche Liga aufsteigen könnte. Andere warnen: Wenn Kunst nur noch als Kapitalanlage gesehen wird, verliert sie ihre Seele. Die ZDF-Redaktion formulierte es treffend: „Ein Klo aus Gold bringt zwölf Millionen – ein Porträt aus Gold und Erinnerung bringt 236.“Frequently Asked Questions
Warum wurde das Gemälde so teuer?
Das Porträt von Elisabeth Lederer gilt als eines der letzten großen Werke von Gustav Klimt vor seinem Tod und vereint seine charakteristische Goldtechnik mit einer emotionalen Tiefe, die selten in seiner Porträtkunst erreicht wurde. Zudem stammt es aus der Sammlung des legendären Sammlers Leonard Lauder, was den Provenienz- und Authentizitätswert erhöht. Die Nachfrage aus asiatischen und mittelöstlichen Milliardären war besonders stark – und die Auktion fand im neuen, symbolträchtigen Auktionshaus von Sotheby's statt, was die Stimmung verstärkte.
Wer ist der Käufer?
Sotheby's hat den Käufer nicht genannt, wie es bei Top-Werken üblich ist, um Privatsphäre und Sicherheit zu gewährleisten. Vermutlich handelt es sich um einen privaten Sammler aus Asien oder dem Nahen Osten, da diese Regionen in den letzten Jahren den größten Anteil an Superreichen-Käufen ausmachen. Einige Medien spekulieren über einen Käufer aus Saudi-Arabien oder China, doch das bleibt unbewiesen.
Ist das eine Blase in der Kunstwelt?
Viele Experten warnen vor einer Überhitzung: Die Preise für moderne Meisterwerke steigen schneller als die Inflation, und die Käufer sind oft nicht Kunsthistoriker, sondern Investoren. Dennoch: Wer ein Klimt oder ein Picasso besitzt, hält ein Werk, das nie verfällt – im Gegensatz zu Aktien oder Immobilien. Die Nachfrage bleibt stabil, weil es nur wenige Werke dieser Qualität gibt. Die Blase könnte platzen – aber nur, wenn die globale Wirtschaft einbricht.
Was passiert jetzt mit dem Gemälde?
Da der Käufer anonym ist, ist unklar, ob das Werk in einem privaten Museum, einer Sammlung oder gar einem öffentlichen Haus ausgestellt wird. In der Vergangenheit haben Käufer wie die Familie Lauder Werke oft an Museen verliehen – aber das ist keine Pflicht. Es ist möglich, dass das Bild jahrelang nicht mehr öffentlich zu sehen sein wird. Das wäre traurig, denn Klimts Porträts gehören zum kulturellen Erbe der Moderne – und nicht nur zum Vermögen einzelner.